St. Willehad Katholische Kirchengemeinde Wilhelmshaven

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Evangelium wurde oft verdunkelt

 Weihbischof Wilfried Theising sieht Lernbedarf in Sachen Toleranz

Der katholische Geistliche sprach im Rahmenprogramm der Ausstellung „Wilhelmshaven glaubt.“ Im anschließenden Gespräch ging es auch um die Themen Frauen und Abendmahl.

Ein römischkatholischer Geistlicher spricht zum Thema Frieden und Toleranz in seiner Kirche. Die Ankündigung in den sozialen Netzwerken habe massiv Wellen geschlagen – mit dem Tenor: „Wie könnt Ihr nur?“, berichtete Bruder Franziskus, als er Weihbischof Wilfried Theising aus Vechta zu einem Vortrag im Rahmenprogramm der Ausstellung „Wilhelmshaven glaubt“ im Küstenmuseum begrüßte.

Der Referent zeigte sich der Brisanz des Themas bewusst. Und er zeigte sich der Tatsache bewusst, dass die Kirche über die 2000 Jahre ihres Bestehens nicht gerade glänzend dastehe, gemessen an ihrer Stiftung durch Jesus Christus, dessen erstes Wort nach der Auferstehung „Friede sei mit euch“ gewesen sei.

Die ersten Christen seien Gewalt ausgesetzt gewesen. Daraus hätten aber schon die frühen Christen offenbar nichts gelernt. Das Evangelium sei oft verdunkelt worden. Bis weit ins 20. Jahrhundert habe die katholische Kirche Menschen anderer Religionen, anderer christlicher Konfessionen und selbst Menschen in den eigenen Reihen der ewigen Verdammnis anheim gegeben.

Als Kehrtwenden, als Segen für die Kirche, stellte der Geistliche zum einen die Gründung des italienischen Staates, zum anderen das Zweite Vatikanische Konzil dar. Der italienische Nationalstaat ließ den Kirchenstaat auf ein Minimum schrumpfen, der Papst verlor seine weltliche Macht. Glaube als Fundament eines Staates laufe immer Gefahr, intolerant zu werden. Es sei gut gewesen, dass die Kirche aus dieser Misere herausgekommen sei. Nur so sei es möglich, dass der Papst heute als Friedensvermittler und auch als Stimme verschiedener Konfessionen auftreten könne.

Glaube als Grundlage eines Staates läuft immer Gefahr, intolerant zu sein.

Mit dem Konzil habe sich die katholische Kirche selbst relativiert und  auch anderen Religionen und Konfessionen zugebilligt, dass in ihnen Heil zu finden sei. Das Konzil habe die Kirche und die Gläubigen in die Weite geführt, in Unsicherheit, aber auch in die Möglichkeit, ihren Glauben in Freiheit zu leben. Dass die Kirchen heute leerer sind als in früheren Zeiten, liege daran, dass die Menschen freier seien. Mit Nachdruck sprach sich der Weihbischof gegen eine bevormundende Kirche aus, die den Menschen vorschreibe, wie sie zu leben haben.

Mit Sorge beobachtet er denn auch, dass aktuell eine wachsende Zahl von Menschen Politiker wählen, die sie unfreier machen. Auch innerkirchlich sieht er vergleichbare Tendenzen. Dabei stecke die Toleranz nach seiner Einschätzung noch in den Kinderschuhen. Kirche wie auch Individuen müssten noch lernen, den anderen auszuhalten und zu akzeptieren. Nicht nur den Homosexuellen, den Andersgläubigen, den Fremden, sondern auch „die Nervensäge“.

Ihre Haltung zur Homosexualität habe die Kirche zu klären, sagte Theising. Er gehöre auch nicht zu denen, die die Frage „Weihe von Frauen“ für endgültig entschieden hielten. Frauen dürften aber nicht nur Lückenbüßer für fehlende Männer sein. „Wenn wir das entscheiden, dann richtig.“

Allerdings gehe es über die Weihe hinaus um die Machtausübung in der Kirche, da seien Frauen „sehr reduziert“ beteiligt. Und das ließen  sich Frauen von heute nicht mehr gefallen. Frauen in kirchlichen   Leitungsämtern könne er sich gut vorstellen. Hier gehe es auch um die Glaubwürdigkeit der Kirche. Theising plädierte allerdings für einen langen Atem, auch bei der Frage der Kommunion. Jetzt könne jeder Bischof nichtkatholische Ehepartner zum Empfang der Kommunion zulassen. Wenn das jetzt gehe, gehe möglicherweise künftig auch mehr. Die Christen seien heute gefordert, gemeinsam Zeugnis zu leben.

Dazu gehöre, dass sie gemeinsam Abendmahl feiern. Aus Erfahrungen lernen sollte man nach Auffassung Theisings auch hinsichtlich der vorangegangenen Kirchenschließungen – auch in Wilhelmshaven. Die Verfahren seien zu wenig demokratisch gewesen – und sie hätten die emotionale Ebene nicht hinreichend berücksichtigt.

Quelle: Wilhelmshavener Zeitung von Ursula Grosse Bockhorn vom 31. August 2019