St. Willehad Katholische Kirchengemeinde Wilhelmshaven

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Kirche auch für Nicht-Getaufte

In Augenblicken größter Freude wie Traurigkeit suchen Menschen nach Sinn. Da muss Kirche sein, sagt der Erfurter Weihbischof Dr. Reinhard Hauke.

Wilhelmshaven ist nicht Erfurt. In der Jadestadt gehört noch rund die Hälfte der Bevölkerung einer der großen christlichen Kirchen an, in der thüringischen Landeshauptstadt liegt der Anteil unter 25 Prozent.

Doch das Zusammenleben von Christen und Nichtchristen ist in beiden Städten Thema, wie Hansdieter Dombrink betonte, der als Vorsitzender der Cusanus-Gesellschaft den Erfurter Weihbischof Dr. Reinhard Hauke zu einem Vortrag im Pfarrsaal der St. Willehad Kirche begrüßte.

Noch vor seiner Bischofsweihe hatte Hauke mit pastoral-liturgischen Projekten für Christen und Nichtchristen von sich reden gemacht, so konnte er seinen Vortrag mit kurzen Fernseh-Filmen zu allen Beispielen anschaulich machen.

Was die Situation in der ehemaligen DDR vom Westen nach seiner Erfahrung unterscheidet: Es gibt keine großen Vorurteile gegen die Kirchen, sondern vor allem Unkenntnis. Das weiß der jetzt 65-Jährige seit seiner Schulzeit in Weimar, wo in der Regel zwei Katholiken und drei Protestanten mit einer großen Mehrheit Nicht-Getaufter in einer Klasse saßen. Und er erfuhr auch: Wenn es besonders schön oder wenn es besonders traurig ist, werden Menschen neugierig. Und als Theologe kam er zu dem Schluss, dass Kirche da sein muss, wo Menschen in besonderer Freude oder Trauer hingehen.

Als Lehrer am katholischen Gymnasium in Erfurt hatte er auch 15 Prozent nicht-getaufte Schüler zu betreuen. Das Ende der DDR zog den Wegfall der Jugendweihe nach sich, der für Jugendliche die Wende zum Erwachsenwerden markierte - und wie Konfirmation oder Erstkommunion mit Geschenken verbunden war. Für Hanke stellte sich die Frage, ob und wie man für Nichtgetaufte eine Feier in der Kirche gestalten kann.

Daraus entwickelte er die "Feier der Lebenswende" mit inzwischen 100 teilnehmenden Jugendlichen, in Halle kämen dazu sogar 700. "Wir haben Angebote zu machen für sinnvolle Lebensentwürfe' , betont Hauke. Er betet für sie, spricht mit ihnen über Gott und die Welt. Aber was die Jugendlichen davon mitnehmen, entscheiden sie selbst. Es handele sich nicht um den Versuch der Bekehrung, sondern um einen Dialog mit Kirchenfernen.

Das gilt auch für die Segnungsfeiern am Valentinstag, den es zu DDR-Zeiten mangels Blumen und Parfum nicht gab, der sich seither aber wachsender Beliebtheit erfreut. Beim letzten Mal kamen 26 Paare, die einen seit zwei Jahren verbandelt, die anderen seit 58 Jahren verheiratet. Alle gemeinsam nehmen gern die Gelegenheit wahr, über Liebe und Partnerschaft nachzudenken.

Geschätzt werden von Ungetauften auch die Versuche, auf die Frage nach dem Sinn von Tod und Sterben Antworten zu finden, sei es durch einen Platz im Kolumbarium in der Allerheiligenkirche oder eine Trauerfeier. die die Angehörigen wesentlich mitgestalten können. Auch die monatliche Totenmesse und die Segnung für Kranke und ihre Unterstützer zieht nicht nur getaufte Christen an.

Geistliche Sinnangebote in einer säkularisierten Welt oder nur heimelige Kulisse? Die Frage blieb für manche Zuhörer offen - auch bei der Weihnachtsfeier für Ungetaufte, die seit einiger Zeit nach der Mette stattfindet.

Immerhin werden die 300 Katholiken nicht mehr durch 1000 Besucher gestört, die den Dorn mit Bahnhofsatmosphäre füllten.

Quelle: Wilhelmshavener Zeitung von Ursula Grosse Bockhorn vom 2. März 2019