So eine Situation wie jetzt gab es auch für die Kirche noch nie. Messdiener kaufen indessen für ältere Bürger ein.

Wenn es überhaupt positive Aspekte gibt, die der Coronakrise abzugewinnen sind, dann wohl der massive Schub, den die Digitalisierung momentan erfährt. Not macht bekanntlich erfinderisch. Und so sah sich auch die katholische Kirchengemeinde in Jever mit dem Problem konfrontiert, Gottesdienste vor leeren Kirchenbänken feiern zu müssen. Initiiert von Bruder Gereon hat Pfarrer Walter Albers jetzt eine Möglichkeit gefunden, gemeinsam mit den Gläubigen die Heilige Messe zu feiern und gleichzeitig dem behördlich angeordneten Infektionsschutz gerecht zu werden.

„KirchenNetzJever“

heißt der eiligst ins Leben gerufene YouTube-Kanal, auf dem die beiden gestern Morgen einen ersten Gottesdienst live übertrugen. Aller Anfang ist schwer: Gleich zu Beginn huscht noch Bruder Gereon durchs Bild, als er auf dem übertragenden Notebook den Livestream startete und die beiden rätselten danach über Verbindungsprobleme, die zumindest bei den Livezuschauern für einige Unterbrechungen sorgten. Alle Gottesdienste sind aber auch nachträglich abrufbar und zumindest der erste ist auch in ordentlicher HD-Qualität bei YouTube verfügbar.

„Das ist schon ein sehr komisches Gefühl“, sagt Albers zu der Situation. Selbst in Kriegszeiten habe es stets Gottesdienste gegeben. „Sowas wie jetzt hat es noch nie gegeben.“

In einem Raum neben dem Pfarrhaus wurde schnell ein Studio aufgebaut. Ein Altar steht dort einer Menge Technik gegenüber. Von der Seite kommen Moderationen und Musik von Bruder Gereon, der dort am Keyboard spielt.

Messen hätten die Katholiken ohnehin weiter gefeiert. So lautet die Bitte von Bischof Dr. Felix Genn. Doch darf wegen der Infektionsgefahr derzeit niemand vor Ort den Gottesdiensten beiwohnen. Gerade die Feier der Eucharistie sei der Auftrag der Kirche, um die Sorgen der Menschen vor Gott zu bringen und ihnen auch weiterhin geistlich nahe zu sein, argumentiert Albers. Und Sorgen gibt es in diesen Zeiten umso mehr, nur ist die Nähe untersagt.

Der Gottesdienst im Netz scheint ein guter Weg zu sein. Und Bruder Gereon und Pfarrer Albers sind guter Dinge, damit auch viele Gemeindemitglieder erreichen zu können. „Man staunt immer, wer im Netz alles drin ist.“ Und Bruder Gereon ergänzt augenzwinkernd: „Eigentlich sind wir die Schlusslichter.“

In Jever werden die Gottesdienste dienstags und freitags um 9 Uhr und samstags um 17.30 Uhr gefeiert. Die Gemeinde Wangerland, die bald auch streamen will, feiert mittwochs um 19, freitags um 8 und samstags um 18 Uhr. Die jeweiligen Texte der Gottesdienste sind im Netz unter kath.de abrufbar. Die katholische Gemeinde möchte ihr Studio gerne auch anderen christlichen Gemeinden als Plattform bieten.

Überdies gibt es noch weitere Ideen für die Zeit der Coronakrise. Die Messdienerschaft bietet Senioren eine Einkaufshilfe an. Dabei werden die Helfer von dem Allgemeinmediziner Dr. Markus Ennen aus Schortens fachlich begleitet. Interessierte Senioren können sich im Pfarramt unter Tel. 0 44 61/31 81 melden. Das Telefon ist täglich – auch am Wochenende – von 9.30 bis 12.30 Uhr besetzt.

Die Kirchen sind zum persönlichen Gebet geöffnet. Es wird allerdings darum gebeten, Abstand zu halten. Für seelsorgerische Begleitung und Beichtgespräche stehen die Pfarrer Albers und Lars Bratke zur Verfügung. Auch Pastoralreferentin Sonja Lücke unterstützt. „Verschenken Sie Lächeln“, rät Pfarrer Albers.

Quelle: Wilhelmshavener Zeitung von Malte Kirchner vom 21. März 2020