St. Willehad Katholische Kirchengemeinde Wilhelmshaven

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Bietet uns die Osterbotschaft Halt in dieser Zeit?

Stellungnahmen von Theologen zu den großen Krisen, die auch jeden Wilhelmshavener derzeit bewegen

Kai Wessels | Evanglischer Pastor in Fedderwardergroden und stellvertretender Kreispfarrer des Kirchenkreises Friesland-Wilhelmshaven

Krieg in der Ukraine, die Weltklimakrise, Corona, Teuerung – den Stimmungsumschwung spürt man, sagt Kai Wessels, Pastor in Fedderwardergroden und stellvertretender Kreispfarrer des Kirchenkreises Friesland-Wilhelmshaven. „Die Leute machen sich Sorgen.“ Erst recht diejenigen, die wenig Geld haben. Ob Konfitag oder Seniorenbesuch – der Ukrainekrieg sei Gesprächsthema. Die ganz Alten, die den Krieg noch erlebt haben, erinnern sich wieder an die Schrecken, Kriegserlebnisse seien enorm prägend. „In der Verkündigung müssen wir uns darauf einstellen“, so Wessels.

Tätige Hilfe sei in der Diakonie organisiert, die vor Ort wie die Caritas die bürgerschaftliche Initiative SOS Ukraine unterstütze. Theologisch ordnet Wessels die neuen Weltläufte wie folgt ein:

„Gott will den Tod nicht, das ist die Osterbotschaft. Jesus überwindet den Tod. Das zeigt den Menschen, dass es eine Möglichkeit gibt, den Tod so auszuhalten, dass der Tod nicht das letzte Wort ist. Das gibt Kraft zum Widerstand und zum Durchhalten in schlechten Zeiten.

Und damit sind wir bei den friedensethischen Fragen. Solidarisch muss man sich dem Bösen entgegenstellen, der Gewalt Grenzen setzen. Das hat auch Jesus ganz eindeutig getan. Aber mit deeskalierender Perspektive.“

Andreas Bolten | Leitender katholischer Pfarrer der St. Willehad Gemeinde und Dechant für das Dekanat Wilhelmshaven

Pfarrer Andreas Bolten spürt, wie er sagt, dass „die Menschen einen Halt suchen, eine innere Anknüpfung, die ihnen Stärke gibt und Ausblick aus dieser Situation. Man kann ganz eingefangen sein von diesem unverschuldeten Leiden oder von dem Langzeitlichen von Corona. Da bietet sich die christliche Botschaft an: Es ist keine ausweglose Suche. Der Moment des Mitleidens wird vom christlichen Glauben aufgenommen. Das Leiden ist ein Durchgang, der aber nicht gleich so offensichtlich ist.“

Das Leiden sei Teil der menschlichen Existenz. Jesus zeige, dass man trotz aller Macht der Gegensätze nicht darin stecken bleiben müsse. „Als Gemeinschaft der Kirche wollen wir das nicht vergessen“, so Bolten. „Wir bieten an, die Suche des Einzelnen und der Gemeinschaft zu begleiten.“

Die christliche Botschaft meine nicht, dass das Heil nur von außen kommt, sondern sie knüpft an die inneren Wirklichkeiten des Menschen an. Bolten: „Die starken Auferstehungserzählungen helfen, den Weg des Glaubens zu beschreiten.“

„Es gibt das Dunkle und Böse“, so Bolten. Das zeige sich im Krieg in der Ukraine und in dessen Brutalität. In der Osternacht werde das Osterlicht entzündet, es symbolisiere die Kraft der Auferstehung und die Hoffnung.

Dr. Franz-Josef Overbeck, Bischof von Essen | Katholischer Militärbischof für die Deutsche Bundeswehr

Gerade der Weg Jesu ans Kreuz und in die große Solidarität mit den Bedrängten aller Art, wie auch seine Sensibilität für das Gebrechliche und Zerbrochene, das Sündige und Schuldige, das zu retten er gekommen ist, zeigt, was wahre Menschlichkeit heißt: Allem Zerbrechlichen nahe zu sein, die eigene Zerbrechlichkeit anzunehmen und sich auch selbst in ihr helfen zu lassen.

Gerade die Corona-Pandemie, deren Folgen uns noch lange beschäftigen werden, zeigt, worin unsere Stärke liegt: Nicht auf uns selbst zu setzen, sondern auf andere zu achten und eine neue Form der Verantwortung für und mit anderen – um Gottes willen – zu leben und immer wieder zu übernehmen

Die große Krise, die uns alle in Atem hält und uns in der Militärseelsorge erst recht beschäftigt, nämlich der moralisch strengstens zu verwerfende Angriffskrieg des russischen Präsidenten auf die Ukraine, verschärft diese Perspektiven noch einmal, weil hier die Menschen und die Menschlichkeit mit Füßen getreten werden.

Macht macht korrupt. Macht macht machtgierig. Macht verneint die Anerkennung der Würde aller Menschen und ihres Schutzes. Die kämpfenden ukrainischen Soldaten, die in ihrer Heimat ein Recht auf Selbstverteidigung haben, der Mut ihres Präsidenten und seine kunstvoll glaubwürdigen Äußerungen zum Kriegsgeschehen und der Verantwortung, die wir . . . dafür haben, zeigen aber auch: Da, wo andere die Menschen mit Füßen treten und auszulöschen versuchen, lebt echte Menschlichkeit anderer.

Kai Kleina und Felix Halbensleben  |  Evangelische Militärpfarrrer am Militärpfarramt Wilhelmshaven I und III

Den Stimmungsumschwung in der Bevölkerung und bei den Soldaten nehmen auch die beiden evangelischen Militärseelsorger am Standort Wilhelmshaven wahr. Er sei vor allem durch Unsicherheit und Ängste geprägt – „Wie geht es weiter mit mir, in unserem Land und auf der Welt?“. Als Militärseelsorger würden sie mit diesen Sorgen konfrontiert, mehr suchten nach Antworten. „Es ist gut, dass sie darüber reden möchten und es in einem geschützten Umfeld auch können“, erklären Kai Kleina und Felix Halbensleben in ihrer gemeinsamen Stellungnahme.

Was sagen sie den Menschen zum Trost? – Die Antwort auf diese Frage ist, so die beiden Seelsorger, eng an die überlieferten Geschehnisse von Karfreitag, Ostern und Himmelfahrt geknüpft. „Auch in schrecklichen Situationen, in denen wir verzweifelt sind, isti Gott dennoch da. Es ist wichtig, auch wütend oder traurig über die Situation sein zu dürfen . . . Wir dürfen darauf vertrauen, das wir in Gemeinschaft diese Zeit durchstehen und uns dann auf einen neuen Weg begeben.“ Unser eigenes Handeln als auch unsere Leitlinien bedürften einer regelmäßigen Reflexion. Um Recht gegen Unrecht durchzusetzen, wie wir es in den Menschenrechtskonventionen vereinbart sei, sei das Recht auf Selbstverteidigung und der Einsatz von (Waffen-)Gewalt als Ultima Ratio anerkannt worden. Gibt es „das Böse“ und „das Gute“? Eine uralte Frage, die Antworten darauf kenne eine Konstante: „Das ,Böse‘ in seiner reinen Form als etwas, dass dem Individuum und der Gesellschaft schadet, und das ,Gute‘, das nützt.“

Quelle: Wilhelmshavener Zeitung vom 16. April 2022