St. Willehad Katholische Kirchengemeinde Wilhelmshaven

Navigationsmenüs (Bischöflich Münstersches Offizialat)

Caritas hilft beim Finanz-Chaos

Caritas Wilhelmshaven bietet Soziale Schuldnerberatung

  • Wilhelmshaven gehört zu den zehn deutschen Kommunen mit der höchsten Überschuldungsquote.
  • Die Caritas in Wilhelmshaven berät seit zehn Jahren Menschen, die ihre Kredite nicht mehr bezahlen können.
  • Öffentliche Zuschüsse aus der Stadtkasse gibt es dafür aber nicht, beklagt die Caritas.

Manche Probleme bleiben gleich schlimm, auch wenn eine Pandemie ausbricht. Überschuldung könnte das sein. Aber die kann auch schwieriger werden in der Corona-Krise. Weil der Staat Sonderprämien an seine Bürger zahlt oder einen Kinderbonus. Und die kann man pfänden.

Birte Scherrer hilft überschuldeten Menschen in Wilhelmshaven, dass sie dieses Geld behalten können. Denn es gibt Ausnahmeregelungen. Die Schuldnerberaterin der Caritas in Wilhelmshaven kennt die und klärt überschuldete Menschen auf. Sie hat zurzeit also viel zu tun. In Corona-Zeiten oft per Telefon oder in WhatsApp-Gruppen.

Jeder Sechste ist überschuldet

Die Schuldnerberatung ist aber auch sonst ein Brennpunkt der Caritasarbeit in der Hafenstadt an der friesischen Küste. Denn diese Beratung ist dort notwendig wie an wenigen Orten sonst in Deutschland. Im Vorjahr galten 17,07 Prozent der Erwachsenen als überschuldet. Von den 401 Kreisen und kreisfreien Städten in Deutschland haben nur neun eine höhere Quote, hat die Wirtschaftsauskunftei Creditreform berechnet. Jeder Sechste hier kann also seine Schulden nicht bezahlen.

Wie hilft die Caritas diesen Menschen? Der einfachste Weg ist die Privat-Insolvenz. Sie führt unter strengen Bedingungen nach einigen Jahren zur Schuldenfreiheit.

Beratung auch in sozialen Problemen

Für Birte Scherrer ist das zu eng gedacht. Nicht ohne Grund betreibe die Caritas eine soziale Schuldnerberatung. Birte Scherrer fragt also nicht nur nach den Finanzen. „Welche anderen Probleme gibt es? Müssen wir nicht dort erst Lösungen suchen, bevor wir an den Schulden arbeiten?“ Helfen können dabei andere Beratungsstellen der Caritas, die im selben Haus sitzen. „Wir versuchen, diese Menschen auf Dauer zu stärken, finanziell wie sozial.“

Die Energie, die Birte Scherrer in den sozialen Teil ihrer Arbeit setzt, kommt nicht von ungefähr. Denn sie ist eine erfahrene Bankerin. Vor ihrer Familienzeit hatte sie bei einer großen Bank in München in der Außehandelsfinanzierung gearbeitet. Als sie darüber nachdachte, wieder in den Beruf einzusteigen, wurde ihr klar: „Ich wollte nicht auf die dunkle Seite zurück, einfach nur das Geld von irgendwelchen Konzernen vermehren.“ Stattdessen schwebte ihr vor: „Meine Ausbildung einsetzen für Menschen, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen.“ Denen sitzt sie nun seit fünf Jahren gegenüber.

Viele sind einfach arm

Meist sind das Deutsche, die von Hartz IV oder Sozialhilfe leben. Davon gibt es viele in der Stadt, die mit einer hohen Arbeitslosenquote und einem großen Niedriglohn-Sektor belastet ist.

Birte Scherrer sucht den engen Kontakt zu diesen oft verzweifelten Menschen, sagt: „Da kämpfen wir uns jetzt raus.“ Wir – weil sich die Ratsuchenden auch selbst einsetzen, neben vielen anderen Problemen auch die Schulden angehen wollen. „Die leisten Großes“, sagt Birte Scherrer.

Beratung hat selbst Geldprobleme

Ihr Problem: Die Schuldnerberatung braucht selbst Geld, ihr Bestand ist gefährdet. Das Landes-Sozialamt gebe zwar pro Fall einen Zuschuss, rechnet Alexander Witton vor, Geschäftsführer der Dekanatscaritas Wilhelmshaven. „Der deckt aber kaum ein Drittel der Kosten.“ Die Stadt Wilhelmshaven habe sich bisher aber geweigert, Zuschüsse zu geben.

Unverständlich, sagt Alexander Witton. Andere Orte mit weniger Überschuldeten würden von den örtlichen Kommunen wie selbstverständlich finanziert. Die Caritas stehe zurzeit in neuen Verhandlungen. „Und da scheint sich etwas zu bewegen.“

Überschuldung im Bistum Münster

Die Wirtschaftsauskunftei Creditreform hat für das Vorjahr einen Überschuldungsatlas vorgelegt und für jeden Kreis und kreisfreie Stadt die Quote ermittelt.

Im Bistum Münster liegt unter den 401 Kreisen und kreisfreien Städten nur Coesfeld (Platz 75) mit 7,1 Prozent unter den ersten 100 Kommunen mit den niedrigsten Überschuldungsquoten.

Vechta und Münster liegen auf Rang 132 und 146 im Mittelfeld, mit Quoten von rund 8,5 Prozent.

Im letzten Viertel der Tabelle liegen Hamm (Rang 378), Delmenhorst (Rang 385) und Wilhelmshaven (Rang 392). Dort liegt die Überschuldungsquote bei rund 14,9, 15,8 und 17,1 Prozent. (fjs)

Quelle: Kirchen+Leben | Das katholische Online-Magazin von Hans Josef Scheeben vom 14. November 2020