St. Willehad Katholische Kirchengemeinde Wilhelmshaven

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„Das ist ein Stück Polen, ein Stück Heimat“

Traditionelle Speisesegnung an Karsamstag in der St. Marien-Kirche – Brauchtum hat lange Tradition

In der St. Marien Kirche in Wilhelmshaven herrscht an diesem Samstag viel Trubel.

Kinder tragen bunte Weidekörbchen zum Altar. Mit weißen Decken und Buchsbaumzweigen sind diese geschmückt.

An einigen hängen noch kleine bunte Ostereier. Kosyzk – so heißen die Osterkörbe auf Polnisch, die mit Speisen gefüllt sind und traditionell am Karsamstag gesegnet werden.

Auch Andreas Hryciuk hat ein Körbchen voller Speisen mitgebracht. Seit 1988 lebt der gebürtige Danziger in Wilhelmshaven.

Viele polnische Osterbräuche

Brot, Ostereier, Salz, Wurst und kleine gebackene Osterhasen finden sich in den Körben. Alle Osterspeisen haben eine symbolische Bedeutung.

Die Speisesegnung ist seit Jahrhunderten ein wichtiger Brauch in Polen. „Die Speisen werden vom Pfarrer mit Weihwasser gesegnet.

Erst am Ostersonntag können wir diese dann im Kreis der Familie essen“, erklärt Andreas Hryciuk, der sich selbst nicht als erzkatholisch bezeichnen würde, aber jedes Wochenende in die Kirche geht. Muss er am Sonntag arbeiten, besucht er eben am Samstag einen Gottesdienst. „Ostern ist neben Heiligabend das wichtigste Fest für uns. Viele schauen sich die polnische Übertragung der Karfreitagsprozession in Rom an.“

Dass in polnischen Haushalten vor Ostern nur geputzt werde, sei mittlerweile eher ein Klischee. „Das trifft vielleicht noch auf die Älteren zu.“ Und doch spielen Bräuche und Traditionen noch immer eine Rolle. So werden am Ostersonntag im Kreise der Familie Osterwünsche ausgesprochen, am Ostermontag wird es dann nass. „Das kennen wahrscheinlich die wenigsten“, sagt Hryciuk und lacht. Smigus Dyngus - ist ein polnischer Osterbrauch, bei dem früher bevorzugt unverheiratete Mädchen nassgemacht wurden, als Aufforderung, sich mit dem Heiraten zu beeilen.

Heutzutage werde das nicht mehr ganz so streng gesehen, erklärt der gebürtige Danziger. Nass werde es allerdings immer noch.

604 polnische Staatsangehörige leben in Wilhelmshaven. Damit stellen die Polen die fünftgrößte Gruppe ausländischer Mitbürger in der Stadt. In der St. Willehad Gemeinde finden in der St.Marien-Kirche zweimal im Monat Gottesdienste auf Polnisch statt.

Gottesdienste in Muttersprache wichtig

Organisiert werden diese von der Polnischen-Katholischen-Mission Oldenburg, die wie auch die St. Willehad Gemeinde dem Offizialat in Vechta unterstellt ist. Alfred Gryniewicz ist der leitende Pfarrer der polnischen Mission und weiß, wie wichtig den Menschen Gottesdienste in der Muttersprache sind. „Alle sprechen Deutsch, aber es ist etwas anderes, die Heilige Messe auf Polnisch zu hören.“ Zudem würden sich die polnischen Gottesdienste an Ostern mit ihren Brauchtümern schon etwas von den deutschen unterscheiden.

„Es ist ein Stück Polen, ein Stück Heimat.“ Gryniewicz, stellt die Bedeutung auch in anderen Gemeinden fest. In Vechta und Langförden finden regelmäßig Gottesdienste in polnischer Sprache statt. Arbeiten die Saisonarbeiter aus dem Osten Europas wieder auf den Feldern, seien auch die Gottesdienste besonders gefragt. Bis zu 400 Menschen empfangen die Pfarrer samstags. „Die Menschen haben den ganzen Tag schwer gearbeitet, nehmen sich aber am Abend die Zeit für den Gottesdienst.“

Doch so voll an diesem Feiertag in der St. Marien Kirche auch ist, für Hryciuk dürfte das auch außerhalb der Feiertage so sein.„Viele junge Menschen gehen nicht mehr in die Kirche. Es ist ein bisschen eingeschlafen.“ Erinnert er sich an seine Kindheit, so gab es keine Wahl. Wir mussten einfach in die Kirche gehen. Da war viel mehr Druck.“ Und das sei manchmal gar nicht so schlecht gewesen, stellt er schmunzelnd fest.

Quelle: Wilhelmshavener Zeitung von Kea Ulfers vom 2. April 2024