St. Willehad Katholische Kirchengemeinde Wilhelmshaven

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Der lange Weg einer notwendigen Aufarbeitung

St. Willehad Gemeinde pflanzt Trauerblutbuche als Zeichen der Erinnerung an sexuellen Missbrauch

Es gab Gerede - es gab Verdachtsmomente.

Niemand griff ein – niemand wurde zur Verantwortung gezogen.

Eine Versetzung und das Leben ging weiter: Betroffene leiden bis heute.

So ist es in vielen katholischen Gemeinden geschehen.

Ein Kreislauf des Schweigens, auch in Wilhelmshaven.

Die zahlreichen Missbrauchsfälle, die erstmalig vor zehn Jahren öffentlich wurden, beschäftigen die katholische Kirche bis heute.

Die St. Willehad-Gemeinde setzt sich seit einigen Jahren aktiv für die Aufarbeitung ein und nimmt an der Aktion „Trauerblutbuchen – Symbol der Erinnerung“ teil.

Diese soll am Sonntag, 6. April 2025 gepflanzt werden.

Vorschlag von Betroffenen

Das Bistum Münster, das sich seit Jahren in einer Arbeitsgruppe mit dem Thema Erinnerung und Mahnung auseinandersetzt, hat diese Aktion initiiert.

Zahlreiche Gemeinden haben sich der Initiative bereits angeschlossen und im vergangenen November Trauerblutbuchen gepflanzt, wie Pfarrer Andreas Bolten erklärt. Auch in Wilhelmshaven haben der Pfarrbeirat, der Kirchenausschuss und das Pastoralteam beschlossen, an dieser Gedenkaktion teilzunehmen.

Dafür wurde ein kleiner Arbeitskreis gebildet, bestehend aus Pfarrer Andreas Bolten, Pastoralreferentin Daniela Surmann, Dr. Monika Stamm und Christiane Minderjahn-Gabriel.

„Im November war unsere Gemeinde allerdings mit vielen anderen Themen befasst, sodass wir dieser Thematik nicht genug Aufmerksamkeit schenken konnten“, so Bolten. Genau das holt die Gemeinde jetzt nach.

Die Wahl der Trauerblutbuche ist kein Zufall.

Sie wurde von Betroffenen sexuellen Missbrauchs vorgeschlagen, die Teil der Arbeitsgruppe „Erinnerungskultur“ des Bistums Münster sind.

Pfarrer Andreas Bolten betont die Bedeutung dieses Vorschlags: „Ein besonderes Zeichen. Dass dieser Vorschlag nun in allen Gemeinden Anwendung findet, ist klasse.“

Pflanzung nach Gottesdienst

Auch die St. Willehad Gemeinde musste sich mit der Realität sexuellen Missbrauchs auseinandersetzen.

Zwischen 1963 und 1966 kam es zu schweren Fällen, wobei der verantwortliche Pfarrer bekannt ist. „Es gab Gerede, es gab Verdachtsmomente und sehr verhängnisvolle Anzeichen“, sagt Daniela Surmann, Pastoralreferentin und Präventionsbeauftragte. „Die genaue Zahl der Betroffenen können wir nicht benennen.

Der verantwortliche Pfarrer, der auch an anderen Einsatzorten schwere sexuelle Übergriffe verübte, ist mittlerweile verstorben.

Weder eine Aufarbeitung noch ein Verfahren fanden statt, auch aufgrund seines späteren schlechten Gesundheitszustands.

Vor drei Jahren wurde eine umfassende Studie zum sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche von der Universität Münster veröffentlicht. „Diese Studie belegt das Versagen kirchlicher Verantwortung, auch in unserem Fall.“

Die Trauerblutbuche wird an der Christus König Kirche gepflanzt.

Nach dem Gottesdienst am Sonntag, 6. April 2025 um 11 Uhr findet eine Zeremonie statt, bei der auch eine Stele errichtet wird, welche an die Geschehnisse erinnern soll.

Weil noch heute diese Geschehnisse auf Betroffene nachwirken können, sei es dem Arbeitskreis besonders wichtig, im Vorfeld über diese Aktion zu informieren.

„Wir wollen niemanden vor vollendete Tatsachen stellen, sondern auf die Anliegen Betroffener eingehen“, betont Surmann. „Wir möchten ihnen die Möglichkeit geben, sich zu äußern oder mögliche Hilfsangebote aufzusuchen, falls Gesprächsbedarf besteht.“

Neues Schutzkonzept verabschiedet

Christiane Minderjahn-Gabriel erlebt immer wieder, wie sehr dieses Thema die Öffentlichkeit bewegt.

Als langjähriges Gemeindemitglied stelle sie fest, dass Gespräche mit Außenstehenden oft sofort zu diesen Themen führen.

„Wir arbeiten das Thema konsequent auf. Und es ist bestimmt kein Gras darüber gewachsen“, betont sie.

Sie begrüßt, dass diese Fälle nun nicht nur kirchenrechtlich, sondern auch zivilrechtlich verfolgt werden.

Die St. Willehad Gemeinde hat im November 2023 ein neues, überarbeitetes Schutzkonzept verabschiedet.

Es umfasst Maßnahmen und Richtlinien, die darauf abzielen, eine sichere und geschützte Umgebung für alle Gemeindemitglieder zu schaffen.

Damit in Zukunft der Kreislauf des Schweigens unterbrochen wird.

Quelle: Wilhelmshavener Zeitung von Kea Ulfers vom 11. März 2025