St. Willehad Katholische Kirchengemeinde Wilhelmshaven

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19. JUNI 2020 | Geschichte von Elisabeth Voßberg und Ihrer Mutter

Ein Wunder als Geschenk

Es ist Coronazeit.

Viele vertraute Dinge müssen auf ungewöhnliche Weisen erledigt werden. Man muss über die Sachen nachdenken, welche früher automatisch gemacht wurden. Wer überlegte schon mal vor dieser Zeit: Wie, wie lange und womit wäscht man sich die Hände?

Wochentage fanden jedoch schnell ihre Routine wieder. Und was soll mit dem Feiertag werden? 

Diese schwere Zeit fiel auf die Fastenzeit und Ostern. Wie kann man feiern? Wie kann man die Freude am Fest mit den anderen teilen? 

Kirchen sind geschlossen, keine Gottesdienste, kein gemeinsames Singen, keine Kerzen, kein Osterfeuer. Nur Schokohasen und Eier in allen möglichen Farben und Größen in Geschäften erinnerten an das bevorstehende Fest.

Ich und meine Mama haben beschlossen, für diesen Tag ein besonderes Geschenk für andere Menschen vorzubereiten. Es sollte ein Lied sein, das wir singen und aufnehmen, um es anderen zu schicken. Wir fanden im Internet den Text und die Noten des Liedes

„Er ist erstanden“.

Ich lernte den Text und versuchte zur Musik zu singen.

Zur gleichen Zeit überlegten wir, wo und wie wir dieses Lied aufnehmen können. Irgendwo in der Natur inmitten festlichen Grüns und Frühlingsblumen? Nein, aufgrund der Quarantäne. Auch in der leeren Kirche ging das nicht. 

So blieb uns nichts anderes, als es zu Hause aufzunehmen. Dazu brauchten wir eine Kulisse: eine schöne große Kerze und einen Frühlingsstrauß. Die Blumen schienen zu wissen, wofür sie waren und öffneten sich in aller Schönheit.  Wir öffneten das Fenster und bedeckten die Fensterbank mit einem roten Tuch. 

Das Kerzenlicht flackerte durch eine leichte Brise und in der Ferne war die Silhouette der St. Willehad Kirche sichtbar. Blütenblätter leuchteten unter den Strahlen der Sonne. Es schien, als hätten wir den perfekten Ort und die perfekte Zeit für die Aufnahme unseres Liedes gewählt.

In der Hektik der Vorbereitung haben wir es jedoch nicht bemerkt, dass es etwas gab, das all unsere Bemühungen zerstören könnte: Lärm von außen. 

Es war Samstag und andere Familien aus unserem Haus wollten ihre Freizeit sinnvoll nutzen. Die Familie aus dem ersten Stock baute ein kleines Holzhaus, man hörte Kreissägegeräusche und Hammerschläge. In einer anderen Ecke des Geländes vor dem Haus auf einem großen Trampolin genossen zwei kleine Kinder lautstark das gute Wetter. In der Nähe standen drei Jungs, diskutierend und lachend. Irgendwo im Park bellten Hunde. All diese Geräusche drangen in das offene Fenster und ließen uns wissen, dass wir unser Lied nicht aufnehmen können, wie wir es geplant haben. 

Wir beschlossen, ein paar Stunden zu warten in der Hoffnung, dass es am Abend leise wird. Aber bevor wir alles beiseite legten und das Fenster schlossen, wollten wir noch einmal proben und dabei die Nebengeräusche ignorieren.

Ich habe fehlerfrei gesungen und Mama hat sauber gespielt. Danach öffnete ich die aufgezeichnete Datei auf dem Smartphone. Wir hörten zu und konnten kaum glauben, was passiert war.  Es gab keine Sägegeräusche, kein Geschrei, keine lauten Gespräche. Nur meine Stimme, die Melodie vom Akkordeon und Vogelgezwitscher.

„Das ist einfach ein Wunder!“,

sagten wir beide im Chor. Diese absolute Ruhe war für uns ein Gotteswunder, ein unvergessliches Geschenk. Nochmal brauchten wir das Lied nicht aufzunehmen.

Elisabeth Voßberg,
10 Jahre,
Katholische Grundschule St. Martin