St. Willehad Katholische Kirchengemeinde Wilhelmshaven

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13. Mai 2022

„Geliehen ist der Stern, auf dem wir leben.“

Dienstag, den 10. Mai  2022 | Das zwölfte ökumenische Friedensgebet für die Ukraine und Klimakanzel

Die „Klimakanzel“ ist ein Gottesdienstformat des Demokratieprojektes „FrieslandVisionen“ des Rogate-Klosters in der Klimakatastrophe/der Klimakrise.

Die Klimakatastrophe und die wachsende Beunruhigung über die Auswirkungen hat uns zu der Überlegung gebracht, die Reihe Klimakanzel ins Leben zu rufen. Wir wollen damit dazu beitragen, dass das Bewusstsein wächst, dass wir vor der Notwendigkeit eines erheblichen Wandels auch unseres eigenen Handels stehen. Es geht dabei um Politik, Nachhaltigkeit und den Mut, Dinge deutlich zu benennen. Nicht nur an der Küste weiß man, welche Auswirkungen die Erderwärmung, das Insektensterben und der steigende Meeresspiegel hat.

Wir wollen durch die Klimakanzel die Aufmerksamkeit wecken und zum Handeln motivieren. Wir glauben, dass Sie dafür in diesem Format wichtige Impulse setzen konnten.

Anlässlich der 98. Umweltkonferenz, die in diesen Tagen in Wilhelmshaven tagt, fand das Ökumenische Friedensgebet für die Ukraine im dafür errichteten Umwelt- und Klimacamp im Banter See Park statt.

Mitwirkende: Pastoralreferentin Daniela Surmann (Sankt Willehad) und Bruder Franziskus (Rogate-Kloster). Die Friedensgebete werden getragen von den Gemeinden der St. Willehad-Gemeinde, der Neuapostolischen Kirche, der Banter Kirche und der Luther-Kirche, der Caritas im Dekanat Wilhelmshaven, dem Diakonischen Werk Friesland-Wilhelmshaven und dem Rogate-Kloster Sankt Michael. 

Mit dem Posaunenchor Jever unter der Leitung von Kreiskantor Klaus Wedel. 

Die Interventionen der Mitwirkenden hatten daher im Vordergrund die Nachhaltigkeit zum Inhalt und forderten auf, das eigene Tun zu bedenken und umzugestalten. Z. B. Second Hand einzukaufen, weniger Energie zu verbrauchen und öfters mit dem Fahrrad zu fahren. 

Daniela Surmann appellierte an den Wert der Schöpfung und das wir als „Gottes Ebenbild“ doch eigentlich in der Verantwortung stehen, die Welt zu bewahren, anstatt sie immer weiter irreparabel zu schädigen. Sie bezog sich dabei auch auf den Ukraine Krieg und den Schaden, den dieser bei den Menschen anrichtet.

Predigt von Pastoralreferentin Daniela Surmann Katholischen. Gemeinde St. Willehad, Wilhelmshaven am 10. Mai 2022 - Klimakanzel und Friedensgebet

Liebe versammelte Gemeinde,

die Sorge für unsere Erde, für unser gemeinsames Zuhause, führt uns zusammen und lässt uns hier vor Ort Stellung beziehen und auch zusammen beten. Eigentlich ist diese Sorge unsere dringlichste Aufgabe, die wir als Menschen zu bewältigen haben. Eigentlich. Eigentlich deshalb, weil uns die Bilder aus der Ukraine natürlich gefangen nehmen. Daher ist diese Klimakanzel heute verbunden mit einem Friedensgebet. Wenn wir zusammen beten, erinnern wir uns daran, dass wir von Gott geliebt und geschaffen sind. Zusammen mit der ganzen Welt stehen wir in seiner Liebe. Diese Liebe Gottes verbindet uns untereinander, mit den Geschöpfen, mit der Welt.

Als Gottes Ebenbild, als „Krone der Schöpfung“, scheint es allerdings so, als hätten wir etwas missverstanden. Herrscher über die Welt zu sein bedeutet nicht, sie auszuplündern und zu vernichten, sondern für sie zu sorgen. Es bedeutet, dass wir uns verantwortlich zeigen für das Wohl der Schwächsten und Ärmsten. Und die, die im Moment am Ärmsten dran ist – verwahrlost und misshandelt –, ist unsere Erde. Unser Auftrag ist in Harmonie mit der ganzen Schöpfung zu leben und diese Harmonie, die Schönheit, zu sichern und zu bewahren. Weil wir´s können. Nur weiß schon der Volksmund: „Kann-ich wohnt in der Will-ich-Straße.“ Jedes Jahr verschwinden Tausende Pflanzen- und Tierarten. Sind verloren für immer. Es ist eine Schande für jeden einzelnen von uns.

Immer besser verstehen wir, dass wir wie ein Teil eines großen Netzes sind. Mit allen und allem verbunden. Wenn eine Verbindung getrennt wird, hält das Netz zunächst weiterhin, ist aber instabiler. Aber wir sind tatsächlich so dumm, dass wir unser eigenes Netz, unser Zuhause, immer weiter irreparabel beschneiden. Langsam setzt zwar ein Umdenken ein. Aber das gilt es zu beschleunigen. Die dringlichste Aufgabe unserer Zeit ist der Schutz unseres Planeten. Unsere Konsum-, unsere Wegwerfgesellschaft und die ökologischen Folgen daraus, treffen wie immer die Ärmsten am härtesten. Es reicht nicht nach oben zu schauen und Gott um Verzeihung zu bitten. Wir machen uns schuldig nicht nur an den Ärmsten unserer Zeit, sondern auch an den künftigen Generationen.

Was für ein Geschenk ist unser Welt und was für ein Wunder! Ein bisschen näher an der Sonne oder weiter weg und nix wär´s mit uns. Das lässt sich beispielhaft durchspielen bis in die kleinsten Lebewesen, in die kleinsten Teilchen. Wie wundervoll. Und wie zerbrechlich. Und wir provozieren einen Bruch, der unheilbar ist…

Ich habe eben von der Wegwerfgesellschaft gesprochen. Wir denken dabei an Berge von Müll, an Konsum, an Umweltverschmutzung. Aber „Wegwerfgesellschaft“ hat für mich in diesen Tagen noch einen anderen Aspekt und zwar wenn ich auf den Krieg in der Ukraine schaue. Ich rede nicht von zerstörten Häusern oder brennenden Schulen. Das Objekt dieser Art von Wegwerfgesellschaft sind Menschen. Ich rede von Leichen in Massengräbern und auf den Straßen, von den Tränen der Alten und der Kinder. Ich rede von vernichteten Möglichkeiten, Qualitäten und Chancen. Und ich rede von der verbotenen Geschwisterlichkeit unter Menschen, die sich nicht einmal kennen.

Wie schaffen wir es nur, dem allen einen Riegel vorzuschieben? Nicht gleichgültig zu werden, nicht zu verzweifeln, nicht zu resignieren? Und noch mehr: Wie schaffen wir es bei den Gleichgültigen Betroffenheit, bei den Verzweifelten Hoffnung und bei den Resignierten neuen Mut zu wecken? Darauf habe ich keine einfache Antwort. Aber ich weiß, es braucht Menschen wie uns: Menschen, die es etwas angeht, Menschen, die die Hoffnung nicht aufgeben, Menschen, die die Situation zum Handeln und zum lauten Rufen drängt.

In der Schöpfungserzählung schaut Gott seine Werke immer wieder an und sieht, dass sie alle gut sind. Alle und alles ist gut. Natürlich ist das eine mythische Form. Theologie und Wissenschaft sind Geschwister. Der Auftrag Gottes an uns Menschen über die Erde zu herrschen, bedeutet Kultur zu schaffen. Herrschen hat so einen negativen Klang. Der ist hier gar nicht gemeint. Ein guter Herrscher, eine gute Herrscherin, kümmert sich, kultiviert im Sinne von: Kümmert sich um den Fortschritt: wissenschaftlich, künstlerisch, technisch und sozial. Verwandelt das Unwissen in Wissen, geht weiter. Ein Problem tritt auf, wenn jemand denkt aufgrund dieses erworbenen Wissens stehe er oder sie über allem und allen.

Die Welt, alle Lebewesen, sollen in Harmonie leben. Miteinander und mit der Schöpfung. Das ist grundlegend in der Bibel, und ich möchte behaupten, in allen Religionen. Und wenn dem etwas entgegensteht, wie der derzeitige Umgang mit den Ressourcen, wie das sinnlose Morden in der Ukraine, dann müssen wir aufstehen und dem ein Ende setzen, weil dadurch ein höheres Gut geschützt wird, nämlich das Leben und die Gesundheit der Menschen und der Erde; und damit verbunden das Wohlergehen der gesamten Menschheit, heute wie zukünftig.

Ich habe eingangs von der Liebe Gottes gesprochen, die uns verbindet. Diese Liebe Gottes macht, dass er uns sozusagen mit dem Herzen ansieht. Egal welcher Nationalität, welcher Religion auch immer – oder auch keiner.

Wir stehen hier zusammen, verschiedene Konfessionen, um zu beten, um uns verantwortungsbewusst zu stellen und um auf Verantwortlichkeit zu drängen. Wir hören den Schrei der Menschen in der Ukraine und wir hören auch den stummen Schrei unseres gemeinsamen Hauses. Ich wünsche uns und allen, dass wir diesen Blick mit dem Herzen, diesen Blick aus Liebe, nicht verlieren.