St. Willehad Katholische Kirchengemeinde Wilhelmshaven

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29. NOVEMBER 2020 | Kirche Christus-König, Fedderwardegroden

Predigt zum 1. Adventssonntag

Liebe Schwestern und Brüder!

Ich habe früher einmal ein Projekt anstoßen dürfen, welches wunderbar gelaufen ist. In Osterfeine, St. Mariä Himmelfahrt hatten wir eine Krippe, die sehr heruntergewirtschaftet war. Wir hatten nicht mehr genug Figuren, viele waren nicht mehr zu gebrauchen. Darum mussten, wenn die drei Könige endlich ankamen, die Hirten zu solchen Königen umgezogen werden – „was für einen Karriere“, dachte ich immer: gestern noch ein einfacher Hirt, heute schon ein König – fast wie in der bekannten Bierwerbung…..

Zudem waren es Gliederpuppen, die man unterschiedlich verstellen konnte. Doch wenn in der Kirche die Raumtemperatur, etwa durch die Heizung, sich änderte, konnte es passieren, dass die Festigkeit der Gelenke nachließ und die eine und andere Figur einen Kollaps erlitt und einfach umfiel oder in sich zusammensackte.

Und ohnehin waren die Kleidungsstücke so verblichen und zerschlissen – ach nein; da musste dringend Abhilfe geschaffen werden.

Und so habe ich die Gemeindemitglieder zu Patenschafften eingeladen. Die eine und andere Gruppe oder Einzelperson übernahm die Finanzierung der einen oder anderen Figur; die Kinder der Grundschule wollten das Jesuskind übernehmen und dazu beim Schulfest Geld sammeln, die Frauen vom Karnevalsverein reservierten sich das Kamel – „Das passt am besten zu uns!“ meinten sie.

Eine Holzschnitzerin wurde beauftragt, mit den ersten Krippen-Personen zu beginnen und Jahr für Jahr sollten ein oder zwei Personen dazu kommen; im Nachhinein war das genial, denn Jahr für Jahr war die ganze Gemeinde gespannt, wer denn nun wohl zum Personal unserer Krippe dazu kommen würd und alle waren begeistert und haben sich gefreut.

– aber womit hat sie begonnen? Was meinen Sie/was meint Ihr?

Ganz klar: mit den wichtigsten drei: Maria, Josef und das Jesus-Kind in der Krippe. Die mussten als erstes her; alle anderen Beteiligten sollten streng geheim gehalten über die Jahre hinzu kommen.

Wir machen es heute anders: Wir haben heute die Könige schon einmal herausgeholt. Denn die haben ja schließlich den längsten Weg; da sollen sie schon mal aufbrechen und sich auf den Weg nach Betlehem machen, unserem Adventsweg, der uns in diesem Jahr durch die Adventszeit begleitet.

An den kommenden Sonntagen kommen andere Beteiligte der Weihnachtsgeschichte dazu.

Heute also die Könige, denn die haben uns einiges über uns selbst zu sagen.

„Wir heißen Kinder Gottes und wir sind es“, heißt eine der Einladungen zum Vaterunser im Messbuch; ein Wort aus dem ersten Johannesbrief (1 Joh 3,2). Diese Zusage, dass wir Gottes Kinder sind, finden wir an vielen Stellen in der Heiligen Schrift.

Und somit sind wir auch Königskinder. Bei unserer Taufe sind wir mit dem Chrisam gesalbt worden – weil wir zu Christus gehören, der, wie es heißt, der Hohepriester, der Prophet und der König ist – alle diese Ämter, in die hineingesalbt wurde, brauchen wir nicht mehr; mit dem Kommen Christi ist er unser Hohepriester, König und Prophet; „Christus“ heißt übersetzt „der Gesalbte“ und wir sind bei der Taufe auch gesalbt – eben auch zu Königinnen und Königen….. Wir haben Anteil am Königtum Christi bekommen……

Daraus erwächst uns natürlich auch eine besondere Verantwortung; als Königin oder König kann man nicht einfach machen, was man will – das zeigen uns die Vorgänge in den Königshäuern Europas……

Aber neben der Verantwortung, unser Leben dementsprechend zu gestalten, drückt dieses alles auch aus, dass wir eine besondere Würde und einen besonderen Wert haben; auch um das auszudrücken, ziehen wir dem Taufkind ein Taufkleid an; Zeichen, das es mit einer ganz besonderen Würde bekleidet ist.

Und was den Wert anbetrifft, den wir alle besitzen: wir brauchen nichts zu leisten; wir brauchen nicht Deutschlands Superstar werden; wir haben es so von Gott geschenkt bekommen.

Warum?

Weil er uns unendlich liebt! Davon spricht auch die heutige Lesung in etwas verschlüsselter Form (1 Kor 1,3-9)…….

Im Evangelium dieses ersten Adventssonntags (Mk 13,33-37) werden wir zur Wachsamkeit aufgerufen.

Die drei Könige der Weihnachtsgeschichte waren unglaublich wach für die Zeichen der Zeit. Sie haben die Augen offen gehalten und als sie eine besondere Himmelserscheinung bemerkten und diese aufgrund alter Verheißungen auf die Geburt eines neuen Königs bezogen, haben sie sich sofort auf den Weg gemacht…..

Und sie haben weiterhin die Augen offen gehalten; in Autun in Burgund gibt es in der Kathedrale Saint Lazare ein sehr altes romanisches Kapitel in der Krypta, wo die drei Könige unter einer Decke schlafen und ein Engel den einen am Finger anfasst und zum Stern von Betlehem zeigt….ich habe auf einer Urlaubsfahrt mir das mal im Original angesehen…..

Auch wir haben Engel, die uns immer wieder anrühren, so dass wir das wirklich wichtige in unserem Leben nicht aus dem Blick verlieren – auch Gott nicht; wir müssen nur wirklich wollen…….

Wir heißen Kinder Gottes; wir sind unendlich von Gott geliebt; wir haben eine Würde, über die nicht einmal die Würde des Papstes oder des Bundespräsidenten hinausgeht – auch die sind wie wir Gottes geliebte Kinder……..

….und wir sind wertvoll!

In einer Zeit und Gesellschaft, in der viele Menschen darunter leiden, dass sie anscheinend nicht genügen, in einer Zeit, in der der Druck wächst, etwas aus sich zu machen im Beruf und in der Familie; in der man endlich einen Partner fürs Leben finden soll, in der man Kinder haben soll; in der die Erziehung der Kinder die Eltern vor immer größere Herausforderungen stellt, klingt es irgendwie fremd, wenn wir gesagt bekommen:

„Du genügst, so wie du bist! Du bist wertvoll! Du hast eine ganz besondere Würde, weil Du von Gott unendlich geliebt bist!“

Wenn Wachsamkeit im Evangelium gefordert ist, dann auch die Wachsamkeit darauf, unser Selbstwertgefühl sinken zu lassen; die Wachsamkeit, unsere Königswürde nicht zu vergessen und sie auch anderen immer wieder zuzusprechen.

Die Könige haben einen langen Weg zur Krippe vor sich. Wir stehen mit ihnen am Anfang der Adventszeit, unseres Adventsweges.

Vielleicht können wir uns in dieser Zeit der Vorbereitung immer mal einen Moment daran erinnern, dass wir unendlich von Gott geliebt sind und so zu einer Haltung uns selbst gegenüber kommen, die einer Königin/ einem König entspricht.

Die kleine Karte mit Bild und Text, die wir mitnehmen dürfen, kann uns dazu eine Hilfe sein………..

Und so kommen wir vielleicht als Königinnen und Könige an Weihnachten an der Krippe an und bringen als Geschenk uns selber und unseren Dank mit.

Amen!

Predigt von Pfarrer em. Holger Kintzinger gehalten im Gottesdienst in der Christus König Kirche

 

Karte zum Vergrößern

Predigten zu den Adventssonntagen 2020 von Pfarrer em. Holger Kintzinger