St. Willehad Katholische Kirchengemeinde Wilhelmshaven

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„Schweigen unterstützt den Antisemitismus!“

Deutliche Worte beim Gottesdienst und anschließender Gedenkfeier auf dem Synagogenplatz

„Mich widert das an und ich fühle mich beschämt“, rief Oberbürgermeister Carsten Feist den gut 300 Teilnehmern der Gedenkveranstaltung zum 85. Jahrestag der Reichspogromnacht am Donnerstag zu.

Damit geißelte Wilhelmshavens Stadtoberhaupt auf dem Synagogenplatz mit dem geschmückten Gedenkstein die widerwärtigen Demonstrationen Zehntausender, die sich nach den bestialischen Massakern der Hamas vom 7. Oktober 2023 an über 1400 israelischen Bürgern auch in deutschen Städten die unfassbaren Verbrechen gefeiert und israelische Fahnen verbrannt hatten.

Oberbürgermeister Carsten Feist - Ende der Toleranz

Hier sei das Ende der Toleranz erreicht und der Staat müsse gegen Derartiges einschreiten, betonte Feist.

Und alle Bürger seien aufgefordert, sich für Israel, seinen Glauben und seine Menschen zu positionieren: „Schweigen unterstützt den Antisemitismus!“

Das Gedenken an die Millionen ermordeten Juden an dieser Stelle mache noch heute fassungslos, heute aber seien alle in die Pflicht genommen, an der Seite des jüdischen Volkes zu stehen.

Gemeinsam Solidarität leben, das seien wir den sechs Millionen von damals schuldig. „Und dass kein Jude Angst haben muss in Deutschland und auch hier in Wilhelmshaven nicht.“

Der Friedensnobelpreisträger Eli Wiesel habe einst gemahnt, das Gegenteil von Liebe sei Gleichgültigkeit: „Wir aber sind nicht gleichgültig!“

Otto Joosten vom Jugendparlamen - Eintreten gegen den Antisemitismus

Dazu beschwor Otto Joosten vom Jugendparlament die Mahnungen von Richard von Weizsäcker zum 40. Jahrestag des Kriegsendes und forderte auf zum Eintreten gegen den Antisemitismus.

Beim abschließenden jüdischen Gebet zählte Pastor Frank Moritz die Namen der KZs auf, bevor zahlreiche Menschen Gedenksteine vor den Namenstafeln niederlegten. Pastor Moritz und seine Kollegen Andreas Bolten und Frank Morgenstern sowie OB Feist hatten zuvor einen Großteil der Menschen im Schweigezug aus der Christus- und Garnisonkirche zum Synagogenplatz geleitet. I

In der voll besetzten Kirche fand das ökumenische Abendgebet zum Gedenken der Reichspogromnacht an jenem 9. November 1938 statt, als auch die hiesige Synagoge von den Nazis niedergebrannt wurde.

Moritz stellte bekümmert fest, dass das Erinnern seit damals nie wieder so nah wie heute gekommen sei durch die unvorstellbaren Massaker vom 7. Oktober. Deshalb gehe es nicht nur ums Erinnern: „Wir lassen Euch nicht allein und es geht auch um unsere Freiheit!“

Shabbat-Gottesdienst in New York - Ich habe Angst

Kurz berichtete er dazu vom persönlichen Erleben mit einer kleinen Gruppe beim Shabbat-Gottesdienst in New York an jenem Morgen des 8. Oktober:2023 Polizeischutz für die Synagoge und jüdische Menschen, die den deutschen Gästen gestehen: „Ich habe Angst.“

Dechant Bolten sprach dann Psalm 142 und las aus Matthäus 26,40f, um schließlich Kirchenmann und Nazi-Opfer Dietrich Bonhoeffer zu zitieren: „Nur wer für die Juden schreit, darf gregorianisch singen.“

Dem folgte die alljährliche Verlesung der Namen der damals ermordeten Juden Wilhelmshavens und Stadtkantor Markus Nitt stimmte auf der Klarinette das herzergreifende Klagelied „Donna Donna“ von 1940 an.

Nach dem gemeinsam gesungenen „Shalom chaverim“ waren die Besucher des Gedenkens dann schweigend zum Synagogenplatz gezogen.

Quelle: Wilhelmshavener Zeitung von Wolfgang Niemann vom 11. November 2023