St. Willehad Katholische Kirchengemeinde Wilhelmshaven

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Wie geht es in der katholischen Kirche weiter?

Die St. Willehad Gemeinde setzt sich mit der aktuellen Kirchenkritik auseinander und bietet Raum für Fragen

Lügen, Macht und Missbrauch – die katholische Kirche in Deutschland hat schon bessere Zeiten erlebt. Die Krise der Kirche hat auch Auswirkungen auf die Gemeinde in Wilhelmshaven. Warum bist du katholisch? Warum bleibst du noch? Warum stützt du das ganze System? Fragen, mit denen sich aktuell viele Gemeindemitglieder auseinandersetzen müssen.

Großes Entsetzen

„Viele Mitglieder unserer Gemeinde müssen sich rechtfertigen, warum sie noch ein Teil der Kirche sind. Das ist nicht einfach für die Menschen“, sagt Daniela Surmann, Pastoralreferentin in der St. Willehad Gemeinde Wilhelmshaven. Vielen fehle eine Antwort auf die immer wiederkehrende Frage, warum man bleibt. „Es herrscht ein großes Entsetzen und eine Traurigkeit darüber, dass sich die Kirche so präsentiert – dass sich ihre Kirche so präsentiert“, erklärt Surmann.

Die St. Willehad Gemeinde in Wilhelmshaven versucht, offen mit den vielen kritischen Themen der Kirche umzugehen.

Suche nach Antworten

„Ich würde schon sagen, dass hier ein recht offenes Gesprächsklima herrscht und Dinge auch angesprochen werden können“, sagt Andreas Bolten, Leitender Pfarrer der Pfarrgemeinde und offizieller Vertreter des Dekanats Wilhelmshaven. Man würde versuchen, Räume für alle Fragen zu bieten.

Einen solchen Raum hat Daniela Surmann erst kürzlich wieder in der Gemeinde angeboten. Unter dem Motto „Gespräche unter Schafen“ konnten Gemeindemitglieder über die aktuelle Situation und Veränderungen in der Kirche sprechen. Das Angebot sei gut angenommen worden, viele Gemeindemitglieder suchten Rat und Antworten. Ein Austritt komme bei diesen Mitgliedern, die das Gespräch suchten, nicht in Frage.

So sieht es auch Sabine Fein, die 1. Vorsitzende des Pfarreirates, eine ehrenamtliche Position. „Wenn alle gehen, dann kann sich überhaupt nichts mehr ändern. Das ist ein Grund, warum ich bleibe“, sagt Fein. Für sie sei es ein himmelweiter Unterschied, ob man von der Institution Kirche spricht oder der Gemeinde vor Ort. Sie selbst hoffe, dass sie durch ihr Engagement etwas bewegen und ändern kann.

Zeiten ändern sich

Dass sich etwas ändern müsse, sei allen klar. Denn für viele Gemeindemitglieder sei die Glaubwürdigkeit schon lange verloren gegangen. „Es wäre noch einmal anders gewesen, wenn jemand Offizielles sich entschuldigt hätte“, findet Surmann. Mit der Reform „Synodaler Weg“ wollen die Katholiken in Deutschland einen neuen Weg beschreiten. 2019 beschlossen die deutschen Bischöfe, sich der Situation und Kritik zu stellen.

Für Laien sei die gewünschte Reform allerdings kaum verständlich, gibt Pfarrer Andreas Bolten zu. „Es ist ein hoch theologischer Vorgang, dessen Begründung auf der ganzen Kirchengeschichte beruht.“

Man sollte, so Bolten, vor den Engagierten aber den Hut ziehen, da man sich mit Demut diesem Thema widme. Ähnlich sieht es auch Pastoralreferentin Daniele Surmann, doch sie warnt vor allzu großen Hoffnungen, die mit der Reform verbunden sind. „Ich hoffe trotzdem ganz stark, dass sich dadurch etwas verändert.“

Wie geht es weiter?

Dass es in der St. Willehad Gemeinde durchaus etwas anders zugeht, beweist Sabine Fein. „Ich bin das beste Beispiel dafür, dass Kirche hier anders läuft. Laut Rom wäre ich eigentlich Kandidatin für das Fegefeuer.“

Fein ist bald zum zweiten Mal geschieden, aber statt es zu verurteilen, werde sie in der Gemeinde getragen und unterstützt. Gleichwohl sollten sich laut Fein auch weiter Dinge verändern. Statt anzunehmen, dass etwas nicht funktioniere, sollte man sich lieber fragen, wie es funktioniere könnte.

Dazu zähle für sie auch die Rolle der Frau in der katholischen Kirche. „In der Vergangenheit haben immer Männer das Sagen gehabt und die haben es nicht auf die Reihe gekriegt. Warum sollten jetzt nicht mal die Frauen mitmachen?“, fragt Fein.

In der Zukunft müsse Kirche sich immer wieder fragen, was katholisch sein bedeuten kann, so Bolten, und da sehe er eine Öffnung für viele Lebensbereiche. „Dazu gehört aber auch Mut.“

Quelle: Wilhelmshavener Zeitung von Kea Ulfers vom 19. Februar 2022