St. Willehad Katholische Kirchengemeinde Wilhelmshaven

Navigationsmenüs (Bischöflich Münstersches Offizialat)

5. März 2021

Christus im Treppenhaus

Ich kann mich eigentlich nicht daran erinnern, dass wir uns beim Einzug groß damit beschäftigt hätten, dass im Treppenhaus des Pfarrhauses in Sande ein fast mannshoher Christuskorpus auf der Klinkerwand hing – ein wohl eher ungewöhnlicher Wohnungsschmuck für eine junge Familie!

Aber wir waren wahrscheinlich viel zu sehr mit all den aufregenden Neuigkeiten beschäftigt, die für uns 1988 mit dem Wechsel ins Oldenburgische und nach Friesland verbunden waren: Die erste Stelle als Pastoralreferent, die Verantwortlichkeit für St. Bonifatius Sande, der Umzug in ein Haus, das sogar renoviert und den Wünschen einer bald fünfköpfigen Familie angepasst wurde, das Fuß fassen in einer ganz neuen Umgebung, Gemeinde, Landschaft, vor allem das ganz umfassende und herzliche Willkommen, mit dem wir ganz vorurteilsfrei aufgenommen wurden. Da kann man doch wohl Christus im Treppenhaus Raum lassen?

Zumal, um auf die relativ ruhige künstlerische Gestaltung des Korpus kurz einzugehen, Christus ganz gelassen auf das neue Treppauf-Treppab guckt, das sich jetzt vor ihm abspielt: Er ist im Namen Gottes auf die Menschen und uns Menschen zugegangen, er hat getan, was er konnte, sein Werk vollbracht und in Gottes Hand zurückgegeben, er hat in seinem Leben, in seinem Umgang mit den Menschen, in Wort und Tat seinen Zeitgenossen bis zu uns heute Gott bezeugt, die Liebe als das Wesen Gottes aufgezeigt –und jetzt, von der Erde zurückgekehrt in die Wirklichkeit des Himmels, stelle ich ihn mir neugierig vor, neugierig darauf, wie wir, wie die Menschen seinen Impuls aufnehmen werden? Werden sie sich die Botschaft von der Liebe Gottes zu eigen machen? Werden sie verstehen, dass sie ihr volles Mensch-Sein erst darin finden, dass sie die Wege Christi in ihrer Zeit und Situation und Umgebung weitergehen? Sein Zeichen setzend hat er die Arme ausgebreitet - Ostern, Halleluja!

Wenn ich mit Jahren Abstand diese Zeilen zu unserem Christus im Treppenhaus schreiben soll, so ist das ganz persönliche Gefühl dabei, dass er uns als Familie und mir im Berufsstart die Arme ausgebreitet hat – in der positiven und gutwilligen Situation, die wir privat und dienstlich vorgefunden haben und an den Start gehen konnten. Wir sind heute noch dankbar für die Gemeinschaft in der Gemeinde, Gemeinschaft in Christus!

Natürlich kann ich nicht behaupten, mir bei jedem Gang die Treppe hoch und runter solche Gedanken gemacht zu haben. Eher selten gab Christus konkreten Anstoß, und manchmal waren es auch nur die Köpfe der auf der Treppe tobenden Kinder, die schmerzhaften Kontakt mit den Sandsteinfüßen bekamen. Natürlich gab es auch die eine oder andere irritierte Rückfrage von Kindergarten- oder Schulfreunden bzw. deren Eltern nach dem „Mann im Treppenhaus“ und damit Grund, von der Grundlage zu reden, die Christus für uns Christen ist: An ihm, an der Bezugnahme auf ihn entscheidet sich alles! Ja, darüber schreibend gefällt mir das Bild ganz gut, dass Christus immer dabei war bei unserem quirligen und manchmal auch anstrengenden Leben in Pfarrhaus und Gemeinde. Ein zurückhaltender, aber anspruchsvoller Begleiter, der nichts anderes dringlicher will als das wir in der Spur bleiben, uns in seiner Spur finden zu der Zukunft aus Gott.

Schön, dass die Figur nun am Pfarrheim einen neuen Platz findet und denen entgegenblickt, die – wenn Corona es wieder zulässt – nach der Messe zum Frühschoppen kommen!

Heute aus Münster herzliche Grüße in den immer noch vertrauten Norden und frohe Ostern!

Jochen Hesper, Pastoralreferent in St. Bonifatius 1988 bis Ende 1996