St. Willehad Katholische Kirchengemeinde Wilhelmshaven

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6. Mai 2021

Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit

Gebet für die Stadt – zum Gedenken an das Kriegsende in Wilhelmshaven

Heute vor 76 Jahren endete der Zweite Weltkrieg für Wilhelmshaven und die Überlebenden in der Stadt.

Die Kapitulation wurde in der Jadestadt bereits am 6. Mai 1945, zwei Tage vor der allgemeinen Kapitulation Deutschlands, unterschrieben.

Oberbürgermeister Carsten Feist hat am Abend in einer Rede im "Gebet für die Stadt – zum Gedenken an das Kriegsende in Wilhelmshaven“ in der Sankt Willehad Kirche daran und an die Befreiung vom Faschismus erinnert.

Er nahm in seiner Ansprache auch Bezug auf heutige antidemokratische Tendenzen und Radikalisierungen.

Dechant Andreas Bolten, Pastor Frank Moritz und Br. Franziskus gestalteten die Liturgie. Musik: Sängerin Lena Köhler und Organist Andreas Marth.

Wir gedenken des Kriegsendes in Wilhelmshaven vor 76 Jahren

Aus diesem Anlass möchte ich die solidarischen Grüße des Arbeitskreises Historisches Gedenken übermitteln. Diesem Arbeitskreis gehören unter dem Dach des Kulturbüros der Stadt Wilhelmshaven Vertreter*innen der evangelischen und katholischen Kirche, des Deutschen Gewerkschaftsbundes, der Volkshochschule, des Stadtarchivs, sowie der Museen und Kultureinrichtungen unserer Stadt an.

Solidarität tut not in diesen Zeiten, in denen wir uns darauf besinnen, wie unverzichtbar die Demokratie ist, die uns allen ein Leben in Freiheit gewährt. Wir haben im Arbeitskreis seit vielen Jahren dafür Sorge getragen, dass dieser besondere Tag öffentlich bewusst gemacht wird. Der 6. Mai 1945, der dieser zerstörten Stadt endlich den Frieden brachte, bedeutete einen Neuanfang, eine große Chance.

Dieser Tag bedeutete aber auch den entsetzlichen Endpunkt eines unvorstellbaren menschenfeindlichen Größenwahns. Der verbrecherische Wahnsinn des Nationalsozialismus hatte geistige Vorläufer in den Verschwörungstheorien.

Ich empfinde es persönlich als äußerst beunruhigend, dass dieses alte Gift seine Wirkung auch in unseren Tagen entfaltet. Scheinbar einfache Antworten in einer komplizierten und globalisierten Welt üben eine große Anziehungskraft aus. Die sogenannte „Querdenkerbewegung“, die sich in keinster Weise gegen Rechtsextreme oder Reichsbürger abgrenzt, speist sich auch aus solchen Quellen und äußert sich in einer Grundskepsis gegenüber unserem demokratischen Staatswesen, der sogenannten „Coronadiktatur“.

Wer aber unterstellt, finstere Mächte hätten sich verschworen, entwickelt bald auch Aggressionen nicht nur gegen die öffentlichen Medien. Die Angriffe auf Vertreter*innen unseres demokratischen Staatswesens, die Todeslisten, sind Warnzeichen, die wir äußerst ernst nehmen müssen. Der Mord an Walter Lübcke ist ein erschütterndes Beispiel unserer Tage, wie aus krudem Denken furchtbares Handeln wird. Die Weimarer Demokratie scheiterte daran, dass zu wenige Menschen mit ihr solidarisch waren. Das darf sich so nicht wiederholen.

Der 6. Mai 1945 mahnt uns, dass wir zu viel zu verlieren haben. So verstehe ich unsere Andacht für die Stadt als einen solidarischen Appell an unseren Verstand und an unser Herz. Dass Menschen gleich welchen Glaubens, welcher Weltanschauung, welcher Herkunft oder Hautfarbe solidarisch zusammenstehen in dem festen Willen, dass sich solch ein Tag nie wiederholen darf.

Pastor Frank Moritz, Arbeitskreis Historisches Gedenken, Wilhelmshaven