St. Willehad Katholische Kirchengemeinde Wilhelmshaven

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Pfadfinderstamm ringt um Existenz

Mitglied soll Vereinskonto leergeräumt haben – Staatsanwalt Oldenburg ermittelt

Gutes tun – für Freunde und Fremde. Ein Leitspruch den die Pfadfinder-Stämme seit ihrer Gründung beherzigen, auch in Wilhelmshaven.

Doch was dem Stamm Christus König nun passiert ist, hat mit dem Leitsatz nur noch wenig zu tun.

Ein Mitglied des Vereins soll sie um eine fünfstellige Summe betrogen haben.

Noch immer können es die beiden Vorstandsmitglieder Josephine Heinisch und Markus Bielarz kaum fassen. „Das hat unser Vertrauen tief erschüttert“, erklärt Bielarz. Und es kommt noch schlimmer.

Der Betrug habe wohl systematisch stattgefunden. Kontoauszüge seien gefälscht worden, Bücher verschwunden und somit auch die jährliche Kassenprüfung manipuliert.

Vertrauen sei tief erschüttert worden

Aufgeflogen ist der Betrug erst, als der Vorstand für eine kommende Veranstaltung einkaufen wollte und das Mitglied die Bankkarte nur widerwillig herausrückte. „Der Betrug wurde dann sofort zugegeben“, sagt Bielarz.

Das ganze Ausmaß habe der Vorstand jedoch erst danach erkannt.

Der Kontostand des Vereins wies ein Minus von 19,70 Euro auf. Mitgliedsbeiträge, Fahrtengelder, Spendengelder, Zuschüsse – alles sei weg.

Wie es nun weitergehen soll, wissen Heinisch und Bielarz nicht.

Als Vorstand des Vereins sehen sie vor allem eines: den Betrug an den Kindern.

Rund 80 Pfadfinder sind Mitglied in Wilhelmshavens einzigem Stamm. „Wir ermuntern die Kinder und Jugendlichen, nach den Wahlsprüchen des Pfadfindergründers zu handeln, selbstständig zu werden, in der Natur Abenteuer zu erleben und dadurch als Persönlichkeit zu wachsen“, erklärt Bielarz. Doch eines stehe über allem: Gemeinschaft und Zusammenhalt.

So haben die Pfadfinder nach Kriegsausbruch in der Ukraine direkt angefangen, für Kinder im Kriegsgebiet Kleidung, Nahrung und Hygieneartikel zu sammeln.

Mit großer Unterstützung aus der Wilhelmshavener Bürgerschaft wurden zwei Lkw-Ladungen nach Polen transportiert.

Auch deswegen tue der Betrug so weh: „Die Kinder lernen und leben bei uns ein ungemeines Gemeinschaftsgefühl. Ihnen zu erklären, dass jemand aus unserer Mitte sie derart hintergangen hat, war vielleicht die schwerste Aufgabe, die ich im Verein je hinter mich bringen musste“, so Heinisch.

Denn die Kinder trifft es am härtesten.

Sowohl der Vorstand, als auch die Gruppenleiterinnen und -leiter arbeiten jede Woche viele Stunden ehrenamtlich, um den Kindern Mut und Selbstvertrauen beizubringen.

„Nun wurden uns alle Grundlagen geraubt, mit den Pfadfindern, die zum Teil aus sozialschwachen Bereichen kommen, Abenteuer zu erleben und ihnen die Freude zu bereiten, die wir in den vergangenen Jahren in den Kinderaugen sehen konnten.“ Und auch wenn es zum jetzigen Zeitpunkt besonders schwerfalle, müsse der Verein weitermachen. „Wir wollen und dürfen den Kindern zuliebe nicht den Kopf in den Sand stecken.“

Offene Rechnungen müssen bezahlt werden

Seit sie von der Veruntreuung erfahren haben, versuchen sie so gut es irgendwie geht alle offenen Rechnungen zu bezahlen.

Es gab bereits vereinzelt Spenden von Eltern und Unternehmen, aber das reiche vorne und hinten nicht.

Zwar wurde sofort bei der Polizei Anzeige erstattet – und das Mitglied habe auch vieles eingeräumt – doch, ob es überhaupt eine finanzielle Entschädigung geben wird, ist völlig unklar. „Die Summe ist mittlerweile so hoch, dass auch die Staatsanwaltschaft Oldenburg ermittelt“, sagt Bielarz.

Eine Konsequenz hat der Pfadfinderstamm bereits gezogen.

Alle, die in der Leitungsform aktiv sind, haben ein polizeiliches Führungszeugnis nachreichen müssen.

Von zukünftigen erwachsenen Mitgliedern werde man dies ab sofort ebenfalls einfordern.

Eine Konsequenz, die völlig im Gegensatz zu ihren eigentlich Grundwerten steht.

Für einen Teil der Pfadfinder ging es mit dem Bulli nach Amsterdam...Pfadfinder Christus König... und auch schon nach Paris.

Kultur, die viele Kinder ohne die Pfadfinder kaum erleben könnten. Pfadfinder Christus König

Quelle: Wilhelmshavener Zeitung von Kea Ulfers vom 19. Oktober 2023