St. Willehad Katholische Kirchengemeinde Wilhelmshaven

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19. Dezember 2020 | St. Willehad Kirche

Predigt zum 4. Adventssonntag

Liebe Schwestern und Brüder!

Vor ein paar Tagen hat bei einem weihnachtlichen Besinnungsnachmittag für Senioren in Christus-König in Fedderwardergroden jemand eine Geschichte vorgelesen, in der es um ein Jesus-Kind in einem Geschäft ging.

Es war aus der ausgestellten Krippe heruntergefallen und kaputtgegangen.
Ein kleines Mädchen hatte es aufgehoben und geküsst, um es zu trösten. 
Die Mutter wurde ärgerlich und sagte dem Mädchen, welches dieses Jesus-Kind gerne mit nach Hause nehmen wollte, dass sie kein Geld hätte, um es zu kaufen.
Eine Kundin, die dieses mitbekommen hatte, kaufte kurzerhand die ganze Krippenlandschaft und ließ der Mutter und dem Kind das Jesus-Kind unerkannt hinterherbringen.
(Ein kleines Weihnachtswunder; die Weihnachtskrippe ohne Jesus-Kind; Autor unbekannt; Stiftung Marburger Medien)

Nun sieht diese Frau an jedem Weihnachtsfest ihre Krippe zuhause aufgebaut stehen, in der das Jesus-Kind fehlt, die Krippe leer ist.

Und sie hat die Krippe einfach leer gelassen und denkt immer wieder an das Kind, das das Jesus-Kind mit einem Kuss getröstet hat und es wohl nun, wie gewünscht, bei sich zuhause hat.

Daran musste ich denken, als ich mich daranmachte, die Predigt für diesen vierten Adventssonntag vorzubereiten.

Denn nachdem am ersten Advent sich die Könige auf die Adventswege in unseren Kirchen machten und sich am zweiten Advent die Hirten dazu gesellten, dann am dritten Advent Ochse und Esel dazu kamen, haben wir es heute mit der leeren Krippe zu tun.

Die leere Krippe ist zunächst das, was sie eigentlich ist – etwas, in das Futter für Tiere gegeben wird.

An Weihnachten bekommt zumindest eine dieser Krippen einen neuen Zweck: Der neugeborene Jesus hat kein Kinderbettchen oder eine Wiege, sondern wird in eine Krippe in einem Stall gelegt.

Und damit bekommen alle „Krippen“ irgendwie einen neuen symbolischen Gehalt.

Seither nennt man die Weihnachtslandschaft, die wir in jedem Jahr aufbauen: „Krippe“. Und viele Kindertagesstätten haben „Kinderkrippen“.

Wenn wir „Krippe“ hören, assoziieren wir damit also weitaus mehr als lediglich ein Behältnis für Tierfutter.

Die theologische Lehre der „Kenosis“, was „Ausleerung“ bedeutet, beschäftigt sich mit dem Gedanken, dass Christus sich seiner göttlichen Gestalt entäußert habe, um ein Mensch zu werden.

Im Philipperbrief schreibt der Apostel Paulus dazu:

„Er (Christus) war Gott gleich, hielt aber nicht daran fest, wie Gott zu sein, sondern er entäußerte sich und wurde wie ein Sklave und den Menschen gleich.
 Sein Leben war das eines Menschen; er erniedrigte sich und war gehorsam bis zum Tod, bis zum Tod am Kreuz.“ (Phil 2,6ff.)

Diese Kenosis, die Entäußerung Christi also findet seinen Höhepunkt am Kreuz.

Krippe und Kreuz fangen nicht nur mit dem gleichen Buchstaben an, sie sind nicht nur beide aus Holz, sondern sie kennzeichnen den Weg Jesu Christi, der eben ein Weg ist von der Krippe bis zum Kreuz.

Dazu habe ich mal eine Zeichnung gesehen, wo die drei Könige vor dem Eingang eines großen Labyrinths stehen, welches die Form des Betlehem-Sterns hat.

Am Ende oder Ziel dieses Weges, dort wo die Könige wieder herauskommen werden, stehen die drei Kreuze von Golgatha, in der Mitte das Kreuz Jesu Christi, das man seit alters her auch „Kreuzesthron“ genannt hat; so besingt es auch das Lied im Gotteslob, Nr. 798, „Du König auf dem Kreuzesthron……“

Wir haben in der Lesung aus dem zweiten Buch Samuel (2 Sam 7,1-5.8b-12.14a.16) gehört, wie der Prophet Natan dem König David, der dem Herrn ein Haus bauen will, mitteilt, dass im Gegenteil er, Gott, dem David ein Haus bauen will.

Das heißt, Gott will dem Haus David, ihm und seinen Nachkommen, seiner Dynastie, ein Haus bauen, will heißen, Bestand verleihen.

Er macht ihm deutlich, dass er überall mit David war: als er noch ein Hirte auf dem Feld war oder als König im Krieg mit seinen Feinden – überall war er mit ihm und braucht auch jetzt kein Haus.

Gott braucht auch keinen Thron – höchsten einen, der nach oben hin offen ist, für ihn offen ist.

Das Ideal des Volkes Israel war immer der direkte Kontakt mit Gott; dafür brauchte es eigentlich keinen König und keinen Thron….

Schauen wir auf die Krippe, wie sie uns hier begegnet – noch leer und ohne Jesus-Kind: Es fällt auf, dass auch sie nach oben hin offen ist.

In sie hinein wird der Säugling gelegt, der so viel mehr ist als ein einfacher Säugling. Diese Krippe wird sein Thron – ein Thron, mit dem auch die allerärmsten sich identifizieren können.

Tauschend Jahre nach dieser Botschaft Gottes an David durch Natan macht das JaWort der Maria die Erfüllung dieser Verheißung möglich. Von diesem Ja-Wort hörten wir im Evangelium (Lk 1,26-38).

Auch Maria ist nach oben offen für das Wort und den Plan Gottes.

Man kann sagen, sie ist der erste Thron, die erste Krippe für ihn.

Und wir?

Sind auch wir offen für das Wort und den Plan Gottes mit uns?

Wer für Gott nach oben offen ist, ist es auch nach allen Seiten, seinen Mitmenschen gegenüber, in denen uns Gott tagtäglich begegnet……

Manche sagen mit einem Augenzwinkern: „Wer nach allen Seiten offen ist, der ist nicht ganz dicht!“

Was die Offenheit für Gott anbetrifft, wünsche ich mir zu Weihnachten am allermeisten, dass ich bis an das Ende meines Lebens offen und nicht ganz dicht bin.

Amen!

Predigt von Pfarrer em. Holger Kintzinger gehalten im Gottesdienst in der St. Willehad Kirche

 

Predigten zu den Adventssonntagen 2020 von Pfarrer em. Holger Kintzinger