St. Willehad Katholische Kirchengemeinde Wilhelmshaven

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11. März 2021

So ist Versöhnung

Die Fastenzeit, oder österliche Bußzeit, ist die Zeit der Vorbereitung auf das größte Fest, das wir Christen innerhalb eines Jahres feiern. Ostern. So fröhlich das Osterfest und die Osterzeit sind mit ihren Halleluja-Gesängen und den Liedern vom Sieg über den Tod, so grau und düster scheint die Fastenzeit zu sein. Traurige Lieder, Verzicht auf liebgewordene Dinge… Eine Freundin sagt dazu: „Typisch katholisch-depressiv.“

Ich verstehe, was sie meint, ärgere mich aber trotzdem über dieses Image. Das Leben ist ja auch nicht immer eitel Sonnenschein. Klar, angeordnet vom Kalender, nur weil gerade Aschermittwoch war, lässt sich schwer wie auf Knopfdruck die richtige Stimmung finden. Aber es geht auch nicht darum nun mit finsterem und ernstem Gesicht durch die Gegend zu laufen. Im Gegenteil: „Wenn ihr fastet macht kein finsteres Gesicht. […] Salbe Dein Haupt und wasche Dein Gesicht.“ (Mt 6, 16-17)

Für mich ist die Fastenzeit eher eine im Kalender verankerte Chance. Die Chance zu bedenken, wie weit die Liebe Gottes reicht. Wie weit runter. Bis in welche Tiefen und Abgründe. Wie weit runter zu mir. Bis in meine Tiefen und Abgründe, die ich nur selbst kenne und die nicht mal ich gerne anschaue. Die Chance zu bedenken, dass Christus das alles mitgenommen hat an das Kreuz, in den Tod und verwandelt hat in Licht, Leben, Auferstehung. Das ist nicht immer angenehm. Das kann manchmal sogar richtig weh tun. Die Erkenntnis, dass ich dem Anderen nicht gerecht geworden bin, dass ich es vielleicht nicht einmal versucht habe. Die Erkenntnis, dass ich mich von Gott entfernt habe, dass die Be-ziehung zu ihm gelitten hat. Das ist schmerzhaft. Aber es ist wichtig, das wahrzunehmen, denn nur dann ist ein Neuanfang möglich.

Ein ganz klassischer Ort für so einen Neuanfang ist die Beichte. Ja, ich kann mir vorstellen, was viele von Ihnen denken: „Beichte? Nee! Auf keinen Fall. Das war als Kind schon schlimm genug. Das mach ich mit Gott allein aus.“ Schade! Denn ich finde auch die Beichte ist eine großartige Chance. Nicht lästige Katholikenpflicht, sondern ganz konkret erfahrbare Zuwendung und Annahme von Gott. „Das Wort, das Dir hilft, kannst Du Dir nicht selber sagen“, weiß ein äthiopisches Sprichwort. Klar ist: Der Gang zur Beichte ist und bleibt eine Herausforderung. Ich jedenfalls gebe nicht gerne zu, dass wiedermal was richtig schiefgelaufen ist und dass ich selbst dafür verantwortlich bin, keine technischen Störungen oder anderen Leute. Ich. Keine mildernden Umstände. Aber jedes Mal wenn ich wieder auf dem Weg nach Hause bin, bin ich richtig froh. Das ist mehr als Erleichterung, mehr als Stolz oder ein weiterer Haken auf der To-Do-Liste. Das ist eine Freude, die aus der Tiefe kommt. Ein Gefühl von Freiheit. Schwierig zu beschreiben, aber so erfüllend, dass ich Ihnen diese Erfahrung ebenso wünsche. Und dazu waren gar keine mildernden Umstände nötig.

Vielleicht haben Sie ja Lust, sich diesem Thema ganz langsam zu nähern. Zunächst für sich, dann vielleicht in einem unserer Bußgottesdienste. Und bitte lassen Sie sich nicht von dem Wort abschrecken. Denken Sie an Versöhnung, denken Sie daran, dass Gott sich danach sehnt, Sie in die Arme zu schließen. Und vielleicht ist dann ein nächster Schritt ein Beichtgespräch. Und falls das letzte Mal lange her ist, machen Sie sich keine Sorgen. Der Priester wird Sie gut durch das Gespräch führen. Sie müssen auch nichts auswendig lernen. Nur Gott ihre Arme öffnen.

Eine Ermutigung für mich persönlich mich zu Beginn dieser Fastenzeit wieder auf diesen Weg zu machen, habe ich in einem schönen Zeichen gefunden. Die Pflanze, die mir ein Freund geschenkt hat, hat in den ersten Tagen bei mir unglaublich viele Blätter verloren. Jeden Tag hatte sie neue gelbe Blätter. Ich war ärgerlich und auch verzweifelt. Jedes Mal, wenn ich sie gesehen habe, habe ich die Nase gerümpft und ein „Pfff…“ in ihre Richtung geworfen. Irgendwann habe ich die toten Blätter zwischen den Dornen herausgezupft und zu ihr gesagt, die fetten Jahre seien vorbei. Damit war das Blättersterben tatsächlich vorbei. Und genau zu Beginn der Fastenzeit begann sie zu blühen. „So ist Versöhnung“, schoss es mir in den Kopf. Alles ist viel schöner, als es vorher war.

Pastoralreferentin Daniela Surmann