St. Willehad Katholische Kirchengemeinde Wilhelmshaven

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Gedenkgottesdienst in der evangelischen Heppenser Kirche am 6. Mai 2019

Gedenkgottesdienst zum Kriegsende in Wilhelmshaven

Lesung aus Lk. 13, 1ff. (Basisbibel) 

Einige von den Anwesenden ergriffen die Gelegenheit und erzählten Jesus von Männern aus Galiläa: 
Jesus sagte zu ihnen: »Meint ihr, diese Männer hatten größere Schuld auf sich geladen als alle anderen in Galiläa? 
Und das wäre der Grund, warum sie einen so schrecklichen Tod erlitten haben? Bestimmt nicht! 
Das sage ich euch: Wenn ihr euer Leben nicht ändert, werdet ihr alle genauso umkommen. 
Oder denkt an die achtzehn Menschen, die getötet wurden, als der Turm bei Schiloach einstürzte. 
Meint ihr, sie hatten größere Schuld auf sich geladen als alle anderen Einwohner Jerusalems? 

Bestimmt nicht! 
Das sage ich euch: Wenn ihr euer Leben nicht ändert, werdet ihr alle genauso umkommen.«
 

Meditation zum Gedenken des Kriegsendes in Wilhelmshaven am 6. Mai 1945

Liebe Gemeinde,

74 Jahre Frieden, in unserem Land, in unserer Stadt, seit dem Kriegsende, der Befreiung Wilhelmshavens.

Wir dürfen aus ganzem Herzen dankbar sein für diesen Tag, den 6. Mai 1945! Und gedenken des Leides, dem die Bewohner unserer Stadt ausgesetzt waren.

Aus zeitlicher Distanz blicken wir heute auf diesen Tag zurück, auf schreckliche Kriegstage, auf den Bombenkrieg in unserer Stadt, auf Erlebnisse in Bunkern, auf das Kriegsende, auf die Kapitulation.

Unzählige Menschen wurden Opfer, -auch in Wilhelmshaven- waren der Gewalt, der Angst um ihr Leben und dem Leben ihrer Liebsten, Todesangst, Lebensgefahren, Verfolgung, unsäglichen Leid und dem Tod selbst ausgesetzt. Die Berichte der Zeitzeugen, der damaligen Betroffenen, führen uns dies unmittelbar vor Augen - und damit eng verbunden: unsere heutige Erinnerung an die Kriegsgefangenen, Zwangsarbeiter und Inhaftierten –aus den Niederlanden und weiteren Ländern- im Lager Schwarzer Weg.

Wo solches Leid erlebt wird, zutiefst aus Ungerechtigkeit, Willkür und Herrschsucht geborenes Leid, ist die Frage nach der Verantwortung - noch stärker benannt: die Frage nach Schuld ganz nahe.

Das Evangelium, die gerade gehörte Lesung, erzählt auch von Opfern- Opfer eines mörderischen Übergriffes des römischen Statthalters Pilatus an Juden bei einem rituellen Akt im Tempel, und dann ein zweites Geschehen, das Opfer zur Folge hatte: der Einsturz eines Turmes in Jerusalem, einer Katastrophe mit Todesopfern, -wir würden heute sagen: aufgrund übernatürlicher Gewalt oder Bauschäden. Die genaue Ursache bleibt unbekannt.

Waren diese benannten Opfer, die ihr Leben verloren haben, etwa mitschuldig an Ihrem Ende? Dies zu denken, war im damaligen Denkhorizont durchaus gegeben. Es wäre ungerecht, hier "ja" zu sagen, dies denken zu wollen, es würde eine Verhöhnung ihres Ausgeliefertsein sein an fremde Gewalt bedeuten, zuhöchst ungerecht und anmaßend.

Das ist nicht die Perspektive Jesu!

Ohne Frage: Immer müssen Schuldzusammenhänge, Täter und Opferzusammenhänge aufgearbeitet werden!

Unsere ganz eigene Perspektive heute ist die der Erinnerung, Vergegenwärtigung des Geschehens der letzten Kriegstage, im Besonderen des Kriegsendes. Wir sind dankbar, dankbar den Soldaten der Alliierten, besonders den polnischen, britischen und kanadischen Soldaten, die unsere Stadt Wilhelmshaven befreit haben, und aller, die zum Kriegsende, zum Ende der Gewalt, beigetragen haben.

Wir gedenken der Opfer auf allen Seiten.

Wo immer es Opfer gibt, muss etwas verändert werden.

Das Evangelium erspart nicht die Selbstkonfrontation. Es hält des Hörern den Spiegel vor: Überlegt, wo ihr möglichweise an Leiderfahrungen beteiligt seid, in eurem Umfeld, heute.

Und wo dies der Fall ist, dort der Aufruf: Ändert Euch! Euch! Sucht euren Anteil, Leid ein Ende zu bereiten. Bleibt nicht Stehen in der Zuweisung von Schuld. Das ist jesuanisches Opfergedenken, jesuanischer Anstoß zum Frieden.

Gedenken und Herausforderung zugleich- für den Frieden!

-bedeutet Selbstverpflichtung auch heute: zu einem solidarischen Engagement, in und für unser Europa und für unsere Demokratie.

Text: Andreas Bolten, Pfarrer St. Willehad

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